Donnernder Applaus für den Kantor: Michael Graf Münster geht in den Ruhestand. Bild: Lucas Bäuml
Dass sich Michael Graf Münster als Kantor von Sankt Katharinen in Frankfurt nicht mit einer Bach-Passion verabschiedete, sondern mit Mozarts großer c-Moll-Messe, hatte Symbolwert.
Sein größtes Projekt hat Michael Graf Münster als Kantor von Sankt Katharinen nicht ganz abschließen können: 178 der 199 Kirchenkantaten Bachs hat er als Dirigent oder Continuospieler im Wechsel mit der Schiersteiner Kantorei seit 2004 in der von ihm und seinem Kollegen Martin Lutz initiierten Reihe der Bach-Vespern Frankfurt-Wiesbaden zum Klingen gebracht und die angestrebte Gesamtaufführung so nur knapp nicht erreicht. Der Zyklus wird nun von den Kantoren-Nachfolgern Clemens Bosselmann in Wiesbaden und Klaus Eldert Müller in Frankfurt fortgeführt. Das hat durchaus schönen Symbolwert: Denn dass man in der Auseinandersetzung mit Bachs Werk nie fertig wird, wird kein Musiker in Abrede stellen.
Sinnbildlich erschien auch, dass Graf Münster nun zu seinem Abschiedskonzert mit seiner Kantorei in der evangelischen Kirche an der Hauptwache nicht zur Kirchenjahreszeit passend eine der Passionen Bachs aufführte, sondern Mozarts c-Moll-Messe KV 427. Schließlich hat Mozart seine am größten angelegte Messe nicht vollendet und mit ihr einen der schönsten Torsi der Musikgeschichte hinterlassen. Großes erreicht und angestoßen hat er damit aber – wie Graf Münster als vormaliger Landeskirchenmusikdirektor. Seiner Leistung und seinem Einsatz für die Kirchenmusik insgesamt galt am Ende des voll besetzten und eindrucksvollen Konzerts ein besonders donnernder Applaus.
Instrumentale Leichtigkeit
Vorangestellt hatte Graf Münster dem großen Messe-Fragment die Sinfonie Nr. 40 g-Moll KV 550, eine der bekanntesten, formvollendeten Schöpfungen Mozarts. Wie sehr der berühmte Kopfsatz und das Finale korrespondieren und wie perfekt sich die Mittelsätze in den ganzen Duktus des Werks fügen, hätte kaum deutlicher werden können als in der Aufführung mit dem klanglich bestens disponierten Bach-Collegium Frankfurt. Tänzerisch und leichtfüßig federnd klang das und blieb gerade so auf anregende Weise in der Schwebe: zwischen der grundlegenden Heiterkeit und den für Mozart charakteristischen, unerwarteten Wendungen voller Tiefsinn.
Dass Graf Münster als Kantor nicht nur ein guter Chordirigent, sondern auch ein versierter Orchesterleiter ist, sah man in der Messe untermauert. Die Kantorei Sankt Katharinen hat zudem in der Corona-Zeit mit Proben in Kleingruppen stimmtechnisch gewonnen. Das zeigte sich vor allem in den Männerstimmen, die etwa im komplexesten polyphonen Satz, im achtstimmigen Osanna, mit ihren ersten Einsätzen die klangliche Richtung kräftig vorgaben. Wie stark Mozart an barocke Vorbilder, an Händel und Bach zumal, anknüpft, kam ideal zur Geltung. Unter den Solisten ragte die für eine erkrankte Kollegin eingesprungene Sopranistin Alma Ruoqi Sun heraus. Die virtuose Arie „Et incarnatus est“ machte sie mit instrumentaler Leichtigkeit zu einem Höhepunkt. Mit Mechthild Bach, Daniel Sans und Ulrich Wand war die Riege dabei stark besetzt.